KÜNSTLER*INNEN
Daphne Koch
HOME ON THE WAY
2016/2017, Modellhaus (Holz), 61 x 60 x 84,5 cm
In ihrer Arbeit Home on the Way setzt sich Daphne Koch mit der Bedeutung des Begriffs ‘Zuhause’ auseinander, indem sie das Zuhause als Raum definiert, der Schutz und Geborgenheit bietet, zugleich aber von der Außenwelt isoliert. Wie ist diese Art von Abgrenzung zu verstehen? Einerseits bietet der Raum seinen Bewohner*innen und Besucher*innen Sicherheit und Ruhe, die Mög- lichkeit, sich zurückzuziehen und zu sich selbst zu finden. Andererseits impli- ziert die räumliche Abgrenzung auch Trennung und oftmals die Bindung an materielles Eigentum. Wie eine Art Mikrokosmos hütet das eigene Zuhause die Privatsphäre seiner Besitzer*innen und repräsentiert durch Raumgestaltung und Besitztümer in gewisser Weise deren Persönlichkeit. Die graue Außen- farbe des Modellhauses wird dem Weiß der Innenräume gegenübergestellt, um die Divergenz der ausladenden Abgrenzung des Menschen durch sein Heim sowie die Offenheit bei gleichzeitiger Anonymität des Innenlebens zu betonen. Home on the Way behandelt außerdem die Entwicklung des eigenen Heims vom ursprünglich Privaten zum zunehmend öffentlich Geteilten. Der persönliche Lebensbereich wird immer durchlässiger, wobei ein Wandel der gesellschaftlichen Auffassung des Begriffs ‘Zuhause’ und dessen Neudefinition zu bemerken ist.
Daphne Koch (*1993 in Freiburg im Breisgau) studiert Kunst und Englisch sowie Bildungswissenschaften an der Universität zu Köln. Während des Bache- lorstudiums setzte sie sich insbesondere mit dem Thema ‘Zuhause’ auseinander und experimentierte hierbei mit unterschiedlichen Medien, während sie diverse Aspekte des Themenkomplexes herausgearbeitet hat. Zudem beschäftigt sie sich mit dem künstlerischen Potential der Mode und stellt den Gedanken von ‘Kunst am Körper’ dem der Kommerzialisierung von Mode gegenüber.
Daphne Koch
HOME ON THE WAY
2016/2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Elena Huber
FEMINIST SURVIVAL KIT
2017, Raum- und Lichtinstallation (Konsumgüter, Zeichnungen, Kleidung), 150x150cm
Die (Licht-)Installation Feminist Survival Kit beschäftigt sich im weitesten Sinne mit dem Netzfeminismus. Feminismus heute äußert sich pluralistisch. Sowohl im historischen Heranwachsen und Verändern als auch in zeitgenössischen Strömungen lassen sich Facetten identifizieren, die sich zum Teil ergänzen, oder auch diametral gegenüber stehen können.
Diese Arbeit thematisiert insbesondere den vom Konsumfeminismus abgeleite- ten Begriff des Marktfeminismus. Feminismus, oder die vermeintliche Darstel- lung dessen, scheint gerade vor allem eins zu sein: trendy. Einen Großteil dieses neuen, feministischen Hypes machen eben solche Konsumgüter aus, die über soziale, bildbasierte Medien verbreitet werden. Sie entwickeln sich zu einem Statussymbol eines am Markt orientierten Phänomens. ‘The future is fema- le’-Shirts und ‘GRLPWR’-Utensilien bestimmen den Instagram-Feed. Selbst- darstellung mit diesen Produkten fördert nicht etwa eine neue aktivistische Ära, sondern verwässert den eigentlichen, politischen und sozialen Gedanken.
Diese Thesen werden in der Arbeit als Regalsystem mit verschiedenen Gegen- ständen, welche im Spotlight stehen, dargestellt. Es werden sowohl Konsum- güter, als auch Fragmente zu sehen sein, die auf die reale Bewegung und den historischen Kontext anspielen. Daraus ergibt sich eine Sammlung von sich gegenüberstehenden und sich teilweise ergänzenden Gegenständen, die das momentane Geschehen widerspiegeln. Abwechselnd werden sie durch verschie- dene Lichteffekte in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt.
Elena Huber (*1993 in Greven bei Münster) studiert im Master an der Universität zu Köln. Auf der SUBLIMA17 ist sie mit ihrer praktischen Bache- lorarbeit vertreten. Inhaltlich beschäftigt sie sich hauptsächlich mit sozialen und gesellschaftlichen Fragestellungen sowie der Abbildung von aktuellen Diskursen. Die mediale Beschaffenheit ihrer Arbeiten ist wechselhaft, häufig allerdings fotografischer Natur.
Elena Huber
FEMINIST SURVIVAL KIT
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Eva Hegge
AMERIKA
2015-2017, Video, 6:29 min, Loop
Immer wenn unser Großvater in Amerika ankam, kaufte er sich als erstes ein Paar karierte Hosen. Er trug sie so oft er konnte. Es gefiel ihm sehr, die Hosen zu tragen. Wir fanden die Hosen sehr amerikanisch und waren beeindruckt vom amerikanischen Stil unseres Großvaters. In diesem Sommer sagte unser Groß- vater zu uns, dass er zwei Dinge tun wollte, wenn er alt sein würde: dem Wasser beim Fließen zusehen und mit einem elektrischen Scooter herumfahren. Amerika besteht aus alten VHS-Aufnahmen meines Opas in den USA in den 1990er Jahren. Damals wusste noch niemand, dass er Alzheimer hatte.
ARRIVAL OF THE ART CURATOR
2017, Video, 7:00 min
Hoch im Norden Norwegens, in der Peripherie, weit weg vom Zentrum, kommt ein Kurator zu Besuch. Die Künstlerin, die ihn erwartet, ist Saamin. Während sie wartet, verlädt sie Rentiersalami und macht sich Gedanken. Sie spricht saamisch oder etwas ähnliches und denkt an einen Song von Johnny Cash. Das einzige Bild des Films ist ein Ausschnitt aus dem Hintergrund einer fotografi- schen Arbeit von Máret Ánne Sara, die eigentlich einen Haufen abgeschlagener Rentierköpfe zeigt und Teil einer größeren Installation Saras auf der documen- ta 14 war. Arrival of The Art Curator fragt nach den ‚guten Händen‘, in denen sich indigene Arbeiten zurzeit so oft befinden, nicht zuletzt auf der documenta 14.
Eva Hegge (*1982 in Köln) studierte nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr in Ungarn Kulturphilosophie, Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft in Leipzig und Aberdeen (M.A. 2009). Seitdem Mitarbeit bei den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen. Seit 2013 eigene Kurzfilme, seit 2014 Studium Kunst und Deutsch auf Lehramt an der Universität zu Köln. Mitglied im Künstlerkollektiv Three Oranges. Ausstellungs- und Festivalbeteiligungen: Kunstraum Ortloff, Leipzig (Cosmo & Kramer, 2015), Dokfest Kassel (2015 und 2017), Internationale Kurzfilmtage Oberhausen (2016), Kyoto Bar, Köln (Three Oranges, 2017).
Eva Hegge
AMERIKA
2015-2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Hanna Beuel, Miriam von Kutzleben, Bernhard Schobel
IS THERE LIFE ON MARS?
2017, Performance, ca. 15:00 min
In ihrer Performance Is there Life on Mars? untersuchen Hanna Beuel, Miriam von Kutzleben und Bernhard Schobel das Zusammenleben außerirdischer Le- bensformen in einer Gemeinschaft und die damit verbundenen Zwänge. Mit ih- ren unkörperlichen Hüllen aus Schaumstoff stechen die Performer*innen durch ihre intensiven Körperlichkeiten hervor – Is there Life on Mars? stellt die Gewalt am Körper des Einzelnen aus und fragt nach Möglichkeiten des Ausbruchs und der Neudefinition des eigenen Körpers.
Hanna Beuel (*1992 in Offenbach) wird in Kürze ihren Bachelor of Arts in den Fächern Kunst und Literatur für das Gymnasiallehramt abschließen. In ihrer künstlerischen Arbeit konzentriert sie sich auf Performance und plastische Arbeiten, in denen sie sich vor allem mit Fragen nach der menschlichen Psyche und Körperlichkeit auseinandersetzt. Neben dem Studium ist Hanna Beuel im Theater und als Musikerin aktiv.
Miriam von Kutzleben (*1994 in Freiburg) studiert Ästhetische Erziehung im Rahmen des Lehramts für sonderpädagogischen Förderung an der Universität zu Köln. In ihren künstlerischen Arbeiten (v.a. Performance, Tanz und Plastik) setzt sie sich mit den Themen Körper, Materialität und Produkt auseinander und befragt deren Abgrenzbarkeit.
Bernhard Schobel (*1986) studiert Ästhetische Erziehung im Rahmen des Lehramts für sonderpädagogischen Förderung an der Universität zu Köln. Seine Arbeiten zielen auf bildnerische, musikalische und bewegungsorientierte Praxiserfahrungen und werden oft in (sonder-)pädagogischen Zusammenhängen gedacht. Hierzu zählen auch Performance, Theater, Medienkunst und Installation.
Hanna Beuel, Miriam von Kutzleben, Bernhard SchobelEva Hegge
IS THERE LIFE ON MARS?
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Hannah Anders
ERNAS HEIMAT. EIN DOKUMENTARFILM IN AUSEINANDERSETZUNG MIT DEN TERMINI HEIMAT UND ERINNERUNG
2017, Dokumentarfilm, 29:54 min
Der Dokumentarfilm Ernas Heimat handelt von der Großmutter der Filmemacherin Hannah Anders. Erna, die ursprünglich aus Schlesien stammt, wurde 1946 gemeinsam mit ihrer Familie nach Niedersachsen vertrieben und in einem Eisenbahnwagen „abtransportiert“, erzählt Erna. In Deutschland wurde die Familie als „polnische Arbeitskräfte“ bei Bauernfamilien untergebracht, wo sie unter harten Bedingungen arbeiten mussten. Mit Fleiß und Arbeit haben Erna und ihr Mann sich später in Einbeck ein Haus mit großem Gemüsegarten aufgebaut, in dem die 90-jährige Erna bis heute lebt. Für die Filmemacherin ist dieser Ort eng mit ihrer Großmutter verbunden und bildet deshalb das inhaltliche und ästhetische Zentrum des Films. Durch den langsamen Montagerhythmus und die langen Einstellungen wird die Ruhe und Melancholie des Ortes eingefangen und in eine filmische Grundstimmung übersetzt. Die Themen Vertreibung, Erinnerung, Migration und Heimat sind heute gegenwärtig. Ernas Heimat lässt sich als Zeitzeugenbericht und Dokument der Erinnerung vor einem aktuellen Hintergrund lesen.
Hannah Anders studiert Kunst und Deutsch für das Gymnasiallehramt im letz- ten Master-Semester. Die Bachelor-Zeit verbrachte sie an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg und besuchte dort die Filmklasse von Katharina Pethke. Nach Anfängen in Malerei und Zeichnen liegt ihr künstlerisches Interesse nun beim Medium Film bzw. Dokumentarfilm.
Hannah Anders
ERNAS HEIMAT. EIN DOKUMENTARFILM IN AUSEINANDERSETZUNG MIT DEN TERMINI HEIMAT UND ERINNERUNG
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Inga Yvonne Müller
πάντα ρεί (PANTA RHEI)
2017, Mixed Media (Malerei, Hochdruck, Tempera- und Linoldruckfarbe, Nessel, Leinen, Lurex-Nähgarn), 210 x 70 x 40 cm
Inga Müller arbeitet mit einem experimentellen Druckverfahren, dem Weißlinienschnitt. Die Installation πάντα ρεί (panta rhei) ist von mikroskopischen Bildern von Algen und Blättern inspiriert. Hierfür hat sie mehrere Stoffteile mit unterschiedlich präparierten Druckgründen bearbeitet und die einzelnen Stoffe zu einem dreidimensionalen Stück zusammengenäht. Aus dem Arbeitsprozess resultieren unendlich viele Möglichkeiten, die Drucke zusammenzusetzen und sie sich auseinander entwickeln zu lassen. Es gibt kein begrenzendes Ende.
So stellt die Installation den Versuch dar, eine prozesshafte Entwicklung zu dokumentieren. Durch die Materialität der Druckgründe bedingt, interagieren in jedem Bildabschnitt scheinbar perfekte Druckebenen mit abgeplatzten, unperfekten Druckebenen, die in einem Druckvorgang entstehen. So ergibt sich ein spannendes Gesamtbild, welches mit Transparenz, dreidimensionalen und irisierenden Eindrücken spielt.
Inga Müller (*1992 in den Niederlanden) absolvierte ein duales Studium im Fachbereich Modedesign und machte eine Ausbildung zur Damenmaßschneiderin. Seit 2015 studiert sie Lehramt für Gymnasien und Gesamtschulen in den Fächern Kunst und Biologie an der UzK. Die handwerkliche Ausbildung und die damit verbundene intensive Auseinandersetzung mit diversen Stofflichkeiten, Materialien und Strukturen zeigen sich auch in ihrer aktuellen künstleri- schen Arbeit. Ihre besondere Faszination für das Zusammenspiel von Farben und verschiedenen Oberflächen setzt sie durch eine experimentelle Arbeitsweise mit Stoffen, Malerei und Hochdrucken um. Auf der SUBLIMA17 zeigt sie eine Installation, die all diese Komponenten aufgreift.
Inga Yvonne Müller
πάντα ρεί (PANTA RHEI)
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Jakob Sponholz
YALLAH, YALLAH!
2017, Fotografien, je 30 x 45 cm
In seiner Arbeit Yallah, Yallah! setzt sich Jakob Sponholz mit dem Themenkomplex Flucht und den persönlichen Auswirkungen auf das Leben der Flüchtenden auseinander. Dazu hat er Menschen mit unterschiedlichen soziokulturellen Hintergründen in ihren Wohnungen besucht und gemeinsam mit ihnen die Vorbereitung einer Flucht simuliert. Indem er die Zeit stoppt und Menschen mit und ohne Fluchterfahrung bittet, in dieser Zeit die wichtigsten Dinge für eine fiktive Flucht zusammenzupacken, untersucht er die verschiedenen Perspektiven auf das Thema. Die Ergebnisse der simulierten Auswahl werden ironischerweise in einer für Plattformen wie Instagram und Pinterest typischen Ästhetik präsentiert.
Die Arbeit Yallah, Yallah! involviert, sie fragt die Zuschauenden nach ihrer Perspektive und nach den praktischen Konsequenzen. Sie produziert sowohl Fragen als auch Antworten. Und sie hinterlässt die Betrachter*innen mit der Frage: Was würde ich tun?
Jakob Sponholz (*1992 in Köln) studiert seit 2016 im Master an der Universität zu Köln. Fotografisch nähert er sich mit unterschiedlichen Herangehensweisen einem breiten Spektrum von Themen an. Darüber hinaus ist er seit 2017 im Künstlerkollektiv „Eintagsfliege“ als Kurator und Künstler tätig. In seiner letzten Arbeit setzte er sich mit den Kongruenzen von Malerei und Fotografie auseinander.
jakobsponholz.de instagram.com/jakobsponholz
Jakob Sponholz
YALLAH, YALLAH!
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Jeanne Leonie van Eeden
ABRAXAS
2017, Installation (Pappmaschee, Abdeckpapier, Zellstoff, Jute, Gips, Bauzaun), Ø 130 cm, 350 x 200 cm und Videoperformance, ca. 13:00 min
Ein error im System kann zu Kontrollverlust führen. Störungen stellen andererseits aber auch notwendige Bedingungen für das kontinuierliche Streben nach Veränderung dar. Veränderung als Konsequenz einer Erkenntnis erfordert nicht selten, etwas Bestehendes aufzugeben, manchmal sogar, etwas zu zerstören.
Die Zerstörung eines gedanklichen Konstrukts, einer physischen Verwurzelung oder Umgebung, ist immer ein Ausbruch und Verlassen von etwas Vertrautem, eng verbunden mit dem ‘Sich-hinein-werfen’ ins Ungewisse, unabhängig davon, ob es dem Zweck der Anpassung oder der Befreiung dient. Ob dieser Zweck intendiert, erzwungen, nötig, oder freiwillig ist, ist unerheblich für die Kraft, die der Ausbruch oder Aufbruch in jedem Fall kostet. So unterschiedlich die Motive der Zerstörung von Vertrautem sein mögen, wird die scheinbare Opposition Anpassung und Befreiung durch ihren kleinsten gemeinsamen Nenner vereint: Die Anerkennung, die solche Arten des Kraftakts verdienen und die endlosen Bemühungen, die diese Prozesse fordern.
Jeanne Leonie van Eeden (*1994 in Köln) studierte zunächst Philosophie und Ethnologie und wechselte dann zu den Fächern Kunst und Deutsch.
Ihr künstlerisches Interesse richtet sich auf die Untersuchung der Zusammen- hänge zwischen psychologischen Vorgängen und Aktionen, sowie dem Verhält- nis von Zeit und Raum.
Jeanne Leonie van Eeden
ABRAXAS
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Judith Bouverie
WELTANEIGNUNGSMASCHINE
2017, Mixed Media (Schließkassette, Kabel, Platinen, Insulinpatronen etc.) mit Video, 3:57 min
In ihrer Arbeit Weltaneignungsmaschine nimmt Judith Bouverie Bezug auf das Prinzip der Machtergreifung als eine negative Form des Führens und der Weltaneignung und wendet dies auf den Nationalsozialismus an. Das in der Arbeit erscheinende Video- und Tonmaterial verweist auf den Zweiten Weltkrieg – eine unvergessene, schwer überwindbare Periode der Weltgeschichte, die zugleich ein unvergleichliches Verbrechen an der Menschheit darstellt. Die Arbeit verbindet die Auseinandersetzung mit der realen Geschichte mit den Faktoren und Dynamiken manipulativer Herrschaft: Die Elemente in der Kassette sind funktionslos und nicht miteinander verbunden – das hektische und betäubende Gesamtbild der vermeintlichen Maschine vermittelt dennoch Funktionstüchtigkeit. Das schnelle, kontinuierliche Drehen des Lüfters erweckt den Eindruck einer die Maschine antreibenden Instanz, wodurch sie zum Leben erwacht und ‘real‘ wird. Das ‘Verschließen’ ist ein wesentlicher Aspekt in der Arbeit. Vergangenes kann weggeschlossen werden – ein endgültiges ‘Löschen‘ bleibt jedoch unmöglich. Mit dem Öffnen der Kassette kommt es zur Konfrontation mit der Vergangenheit und den eigenen Gefühlen im Kontext von Geschichte und Gegenwart.
Judith Bouverie (*1992 in Tönisvorst am Niederrhein) studiert seit 2012 Katholische Theologie und seit 2016 Kunst an der Universität zu Köln. Ihr künstlerisches Interesse liegt besonders in einem atmosphärischen Inszenieren, Arrangieren und Installieren. Vorrangig arbeitet sie plastisch und verbindet in ihren Arbeiten Bewegung, Ton, Klang und/oder Film. Dabei begibt sie sich in entlegene Welten, mythische Räume oder vermeintlich unheimliche Sphären der menschlichen Fantasie.
Judith Bouverie
WELTANEIGNUNGSMASCHINE
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Julia Goltermann
ACCESSEBILLITY
2017, Installation (Regal, Keramiken), 99 x 46 x 30 cm
COOLDOWN PINK
2017, Installation (Kleiderständer, glasierte Keramiken), 80 x 28 x 106 cm
Die zwei Installationen accessibility und cooldown pink entstanden während der intensiven Beschäftigung mit der documenta 14. Teil der Installationen sind Möbel eines schwedischen Möbelhauses, Einrichtungsgegenstände der breiten Masse also, die vor allem von Studierenden gerne gekauft und verwendet werden. Bei der Annäherung an die Frage, wie verschiedene Menschen einen Zugang zur Kunst finden, entstand die Arbeit accessebillity, die es zulässt, dass die Betrachter*innen aktiv werden: Die Keramiksteine im Ikea-Regal können bewegt werden. Die Erfahrung, dass eigene Anstrengung oft der erfolgreichste Weg für einen Zugang (zum Beispiel zu Kunstwerken) ist, hat diese Arbeit geprägt. Das Thema der Zugänglichkeit spielt darüber hinaus auch in der inklusiven Pädagogik eine wichtige Rolle, auch hierauf nimmt die Arbeit Bezug.
Cooldown pink setzt sich konkreter mit einzelnen Arbeiten der documenta 14 auseinander. Der Farbe rosa ist Julia Goltermann auf der documenta drei Mal unerwartet intensiv begegnet: In Form einer Performance von Maria Hassabi, einer Skulptur von Nikos Tranos und einer Soundinstallation des Künstlerkollektivs Postcommodity. Diese drei Arbeiten hatten im kuratorischen Konzept der Ausstellung keinerlei inhaltlichen Zusammenhang und sind somit ein Beispiel für einen persönlichen, intuitiven Zugang zur präsentierten Kunst. Gemeinsam jedoch ergeben sie vielleicht sogar eine Partitur.
Julia Goltermann (*1995 in Hameln) fand Gefallen an der Vermittlung von künstlerischen Inhalten während ihrer Arbeit mit Künstler*innen mit Behinde- rung in Hamburg. Jetzt studiert sie Sonderpädagogik mit den Fächern Kunst und Deutsch an der Universität zu Köln. Im letzten Jahr beschäftigte sie sich während der Vorbereitung und Arbeit als Choristin auf der documenta 14 in Kassel intensiv mit der Kunstvermittlung. Zudem interessiert sie sich für Art-brut, Illustration und die Kunst der Rauminstallation.
Julia Goltermann
COOLDOWN PINK
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Julia Maja Funke
UNTITLED [0-5]
2017, Video-Collage, ca. 2:00 min
Sag doch mal Hallo – und plötzlich sind wir in Athen. Gleichzeitigkeiten im Jahr der Großausstellungen verfügen über Inspirationsspielräume, die den Ideen von Entschleunigung und kuratorischen Ansätzen, klassischen Medien, Philosophie und konzeptueller Beteiligung folgen. Sie sind Zustand, Gedanke, Auf-, Über- und Unterforderung.
Julia Maja Funke (*1996), begann 2015 den Bachelorstudiengang Intermedia mit künstlerischem Schwerpunkt an der Universität zu Köln. In ihren Arbeiten sind oft konzeptionelle Handlungsanweisungen verarbeitet, die mit verschiedenen Materialien oder performativen Situationen eine Beziehung eingehen.
Julia Maja Funke
UNTITLED [0-5]
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Lale Filankesova
AMONG CHILDREN
2017, 12 Linoldrucke, je 50 x 40 cm
Lale Filankesovas Among Children ist zugleich Basis und Bindeglied aller ihrer bisherigen Arbeiten. Die Motive hierfür stammen aus ihrem persönlichen Fotoarchiv und zeigen sie mit gleichaltrigen Kindern, die ihr weiteres Leben in irgendeiner Art beeinflusst haben. Durch verschiedene Farbausführungen werden neue (politische, genderspezifische, ereignis- und erfahrungsorientierte) Betrachtungskontextegeschaffen, die immer eng mit dem abgebildeten Text verbunden sind. Dieser wechselt stetig in Bezug auf Inhalt, Informationsgehalt, Sprache und Alphabet. Die Texte sind dabei ein rückblickender Kommentar, der den Betrachter*innen die persönliche Ebene des Werks eröffnen kann, aber nicht muss. Die Unvermittelbarkeit gewisser Inhalte, z.B. durch fehlendes Hintergrundwissen und Sprachkenntnis, wird dabei bewusst in Kauf genommen und steht im Kontrast zum plakativen Posterstil der Drucke. Die Betrachter*innen können sich also fragen, ob sie selbst nicht schon solche Momente erlebt haben. Momente in denen das Nachvollziehen von fremden Gedanken trotz intensiver Erläuterung nicht gelungen ist. Welchen Wert haben dann Gedanken, die selbst nach einer versuchten Vermittlung durch Wort und Bild, unerklärlich bleiben?
Lale Filankesova kam 1992 in Köln als Tochter eines türkischstämmigen Iraners und einer Lesginin aus der ehemaligen Sowjetrepublik Aserbaidschan zur Welt. Nach ihrem Abitur 2011 begann sie ihr Lehramtsstudium an der Universität zu Köln, zunächst in den Fächern Philosophie und Englisch, später Kunst und Englisch. Medial umfasst die Spanne ihrer künstlerischen Arbeit verschiedene (druck-)grafische Methoden. Die Inhalte stammen hierbei direkt aus ihrem Leben und handeln oft von Themen wie Flucht, Migration, Identität und Aktivismus.
Lale Filankesova
AMONG CHILDREN
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Louisa Peters
SCHWARZES LOCH – EINSTIEG IN EINE ANDERE WIRKLICHKEIT
2017, Installation (Holz, Stahl), 100 x 100 cm
Das Universum kann als Gesamtheit von Zeit, Raum und der ihr inbegriffenen Materie und Energie verstanden werden. Beobachtbar sind jedoch nur die vorgefundenen Anordnungen aller Materie und Energien, angefangen bei den elementaren Teilchen bis hin zu großräumigen Strukturen, wie Galaxien und Galaxienhaufen. Der Mensch, als Teil dieses Kosmos, befindet sich damit im Bereich des scheinbar Berechenbaren und doch Unvorstellbaren.
Seit jeher setzen sich Bildhauer*innen in ihren Werken mit den essentiellen Faktoren des Raumes, der Zeit und der Schwerkraft auseinander. In der Installation Schwarzes Loch – Einstieg in eine andere Wirklichkeit wird nicht nur der Begriff des Kosmos hinterfragt, auch die Bedeutung der Kunst bzw. des ‘Kunst-Kosmos’ wird thematisiert. Das Konzept spielt dabei auf Fragen der theoretischen Physik, der Philosophie und der Kunsttheorie an. Das Schwarze Loch, welches sowohl Materie aufnehmen als auch abstoßen kann, symbolisiert den individuellen und zum Teil unzugänglichen Kosmos eines jeden Menschen – ein Nicht-Ort, wie ihn Marc Augé beschrieb..
Louisa Peters (*1994 in Mönchengladbach) studiert seit 2013 Kunst und Geschichte auf Lehramt an der Universität zu Köln. Im Laufe des Studiums hat sie eine Leidenschaft für Bildhauerei und Installationen auf konzeptueller Ebene entwickelt. Ihre Erkenntnisse leitet sie dabei oft aus unterschiedlichen physikalischen Theorien und wissenschaftlichen Forschungsergebnissen ab. Dabei nimmt sie einen kritischen Standpunkt gegenüber gesellschaftlichen Mechanismen und Modellen ein und untersucht Fragen des menschlichen Seins und des kosmischen Ursprungs.
Louisa Peters
SCHWARZES LOCH – EINSTIEG IN EINE ANDERE WIRKLICHKEIT
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Luca Marie Tüshaus
TO BE
2017, Performance und Video, ca. 5:00 min
In ihrer Live-Performance to be untersucht Luca Tüshaus den abstrakten und vielschichtigen Begriff der Identität. Dabei stehen vor allem der Körper als Medium des Ausdrucks und als Projektionsfläche sowie ausgewählte Fotografien im Fokus. Durch die performative Arbeit soll der Begriff der Identität näher betrachtet und vor allem erfahrbarer gemacht werden. Die Arbeit geht von einer psychologischen Lesart aus: Identität wird als „die erlebte innere Einheit einer Person, durch die sie sich auch in der Gesellschaft bestimmt“ (Stuart Hall) aufgefasst. Die Identität der Einzelnen existiert also nicht unabhängig von der kollektiven Identität einer Gesellschaft. Sie wird weniger als ein in sich geschlossenes, ‚harmonisches’ Konstrukt verstanden, sondern ist vielmehr durch Widersprüche, Widerstände und Instabilitäten geprägt. Die Künstlerin greift Gedanken aus verschiedenen soziologischen Theorien auf und lässt sie sowohl methodisch als auch inhaltlich in die Performance einfließen.
Luca Marie Tüshaus (*1994 in Köln) studierte zunächst Ethnologie und Medienkulturwissenschaften in Leipzig, 2016 wechselte sie zu Intermedia an der Universität zu Köln. Mit visuellen und performativen Mitteln versucht sie gesellschaftliche sowie persönliche Konstruktionsprozesse erfahrbar zu machen.
Luca Marie Tüshaus
TO BE
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Marie Bühler, Ronja Eickmeier
ICH – DU – WELT. EIN KÜNSTLERISCHES PERFORMATIVES FORSCHEN AN, ÜBER UND DURCH INTERSUBJEKTIVITÄT
2017, Lecture-Performance
Wo hört dein Raum auf und wo fängt meiner an? Wer bist du ohne Namen und Gestalt? Wer bin ich ohne dich? Und wie gehen wir miteinander um?
Wir stellen uns Fragen, die wir nicht für uns allein, nicht durch Exkurse in die Soziologie und Philosophie, nicht durch das Beobachten und Reflektieren von Welt beantworten können. Wir antworten, indem wir unsere Sprachsysteme vorübergehend stummschalten und unseren Körpern, der Präsenz des Anderen, dem, was zwischen uns an Ort und Stelle geschieht, zuhören und reagieren. Wir dokumentieren und evaluieren die Erkenntnisse aus einer intersubjektiven körperlichen Erfahrung in ihrer Mehrstimmigkeit. Lässt sich so ein kooperatives Bewusstsein generieren?
Im Rahmen des AEiT-Forschungskollegs haben die Künstlerinnen eine gemeinsame Denk- und Körperpraxis entwickelt und einen Forschungsscore aufgestellt, mit dessen Hilfe sie performativ – tänzerisch – improvisierend – prozesshaft – kollaborativ – hin- und rückübersetzend in hybride Zwischenräume vordringen möchten. Die Künstlerinnen kooperieren seit 2016 und haben bereits mehrere Performances gemeinsam durchgeführt.
Marie Bühler (*1989 in Bergisch Gladbach) studiert Kunst und Mathematik mit der Ausrichtung auf das gymnasiale Lehramt. Sie arbeitet an der Schnittstelle von Konzeptkunst und Performance Art und forscht an unberechenbaren Räumen und polyvalenten Kompositionen, indem sie u.a. Strategien aus zeitgenössischem Tanz, bildender Kunst, Philosophie, Poesie und den Naturwissenschaften in Dialog treten lässt.
Ronja Eickmeier (*1991 in Bretten) studiert Ästhetische Erziehung und Deutsch mit der Ausrichtung Lehramt für sonderpädagogische Förderung. Seit September 2017 macht sie zudem eine Ausbildung zur Theaterpädagogin am TPZ in Köln. Ihr künstlerisches Interesse gilt dabei zunehmend der Performance Art.
Marie Bühler, Ronja Eickmeier
ICH – DU – WELT. EIN KÜNSTLERISCHES PERFORMATIVES FORSCHEN AN, ÜBER UND DURCH INTERSUBJEKTIVITÄT
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Michael Wiewiorra
Ἀποκάλυψις [APOKÁLYPSIS]
2017, 3 Plastiken (Ton, glasiert), Notizbücher
Bei den mit Ἀποκάλυψις betitelten Arbeiten handelt es sich um Auseinandersetzungen mit zellenartigen Mustern. Die Arbeiten agieren auf einer abstrakten Ebene und entsagen sich dadurch einer verpflichtend erscheinenden Deutung. Zugleich ist die Darstellung organisch, wodurch der Aspekt des Lebens einbezogen wird. Der Titel der Arbeiten ist mit ‘Offenbarung’ zu übersetzen und deutet darauf hin, dass sich die Arbeiten auch mit transzendentalen Thematiken befassen. Was sich jedoch offenbart, ist in erster Linie die Komplexität von Leben und dessen Grenzen. Leben wird durch die Zellen auf seine Grundlage heruntergebrochen. Die Arbeiten regen zu einer Reflexion an und können dabei auch schlicht dazu veranlassen, sich in den Zellen und Waben zu verlieren. Ἀποκάλυψις ist in der technischen Umsetzung nicht nur als Offenbarung, sondern auch als Befreiung zu lesen: Nach vergeblichen Versuchen, über keramische Gefäße und realistische Darstellungen einen tieferen Sinn zu erzielen, war die Darstellung der Zellen befreiend, da so eine zu eindeutige Interpretation vermieden werden konnte. Teils wurden realistische Elemente einbezogen, die aber eher ein Produkt des Zufalls sind und keine bestimmte Richtung vorgeben.
Michael Wiewiorra (*1995 in Bonn) hat nach dem Geographiestudium damit begonnen, Kunst und Latein auf Gymnasiallehramt zu studieren. Thematisch setzt er sich mit expressiven Darstellungen insbesondere in Zeichnung und Malerei auseinander, wobei realistische und abstrahierende Elemente verbunden werden. Bei Ausstellungen in Bornheim sowie Remagen 2014 und 2015 waren hauptsächlich Darstellungen von Landschaften zu sehen. In diesem Jahr gestal- tete er für die katholische Pfarrkirche St. Joseph Kardorf einen Kreuzweg.
Michael Wiewiorra
Ἀποκάλυψις [APOKÁLYPSIS]
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Mona Dasbach
MIR BRAUCHED KO KUNSCHD, MIR BRAUCHED KROMBIERE
2017, Kartoffelschneider, 25,5 x 11,5 x 1,4 cm und Performance, ca. 5:00 min
Mit ihren Arbeiten hinterfragt Mona Dasbach Konzepte von Heim-, Lohn- und Kreativarbeit. In Mir brauched ko Kunschd, mir brauched Krombiere (Wir brauchen keine Kunst, wir brauchen Kartoffeln) setzt sie sich mit dem tatsächlichen und dem symbolischen Erbe ihrer Großeltern auseinander, insbesondere mit deren Verhältnis zu Kunst, Arbeit und Rollenmodellen.
Ihre Großmutter musste nach dem Schulabschluss eine weiterführende Hauswirtschaftsschule besuchen und durfte ihren Traum, als Verkäuferin in einer Metzgerei zu arbeiten, nicht verwirklichen. In der Ehe war sie zunächst für den Haushalt zuständig. Nach einer Kopfverletzung ihres Ehepartners übernahm sie heimlich einen Großteil seiner Aufgaben, jedoch stets bemüht, Außenstehenden eine traditionelle Rollenverteilung vorzuleben. Beide hatten strenge Vorstellungen davon, wie und von wem welche Arbeit ausgeübt werden sollte. Wer jemand war, definierten sie zuallererst darüber, was und wie er ‘schaffte’. In Abgleich mit den Lebensrealitäten ihrer Großeltern stellt Dasbach einen prototypischen Gegenstand aus dem Haushalt ihrer Großeltern in den Mittelpunkt. Bei dem ausgestellten Objekt handelt es sich um einen ‘Kartoffelrädler’, einem Küchenutensil, das eigentlich den Arbeitsprozess des Kartoffelschneidens beschleunigen soll, den sie jedoch künstlerisch umdeutet und performativ aktiviert.
Mona Dasbach (*1992 in Esslingen am Neckar) verbrachte den Großteil ihrer Kindheit und Jugend im landwirtschaftlich geprägten Nordosten Baden-Württembergs. Derzeit studiert sie Kunst und Englisch auf Lehramt für Haupt-, Real- und Gesamtschulen. In ihren meist soundbasierten oder skulpturalen Arbeiten nähert sie sich den Themenbereichen Arbeit, Gender, Kapital, soziale Ungleichheit und Umwelt und betrachtet deren Verflechtungen.
Mona Dasbach
MIR BRAUCHED KO KUNSCHD, MIR BRAUCHED KROMBIERE
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Sarah Dreifke
WEGE-ROUTEN-PFADE
2017, 10 Acrylmalereien auf Tuch, je 80 x 80 cm
Wie fühle ich mich in verschiedenen Rollen und Positionen? Sarah Dreifkes Forschungsinteresse, das hinter der Arbeit Wege-Routen-Pfade steht, ist das Verhältnis von Außen und Innen, von Betrachtenden und Erlebenden. Dabei ist es ihre Intention, das Verhältnis von denen, die Flucht in den Nachrichten betrachten und denen, die sie tatsächlich erleben, ein Stück weit aufzubrechen und als Metapher in den Raum zu bringen. Die dichte, raumgreifende Hängung der Malereien soll das Gefühl der Enge auslösen und die Betrachter*innen dazu bewegen, eine bewusste Position zu den Bildern einzunehmen: entweder, indem sie die Konfrontation mit ihnen suchen oder ihnen ausweichen. Die Betrachter*innen müssen also wählen, ob sie sich den Portraits nähern und sich mit ihnen auseinandersetzen wollen oder ob sie sich diesem Erlebnis gar entziehen. Ein wichtiger Aspekt ist, dass die Leinwände berührt werden dürfen, was ein Wegschieben und Hindurchzwängen ermöglicht.
Sarah Dreifke (*1989) studiert Latein, Kunst und Bildungswissenschaften im Bachelor an der Universität zu Köln. Ihr Medium ist die Malerei, die sie entsprechend der Inhalte arrangiert und durch andere Materialien ergänzt. Dabei interessiert sie vor allem die Figuration, bei der es ihr um das Innere, die Verletzlichkeit und Versehrtheit geht.
Sarah Dreifke
WEGE-ROUTEN-PFADE
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Sebastian Wenzgol
BERLIN
2017, Malerei auf Leinwand und Stop-Motion-Film, 135 x 180 cm
In der Arbeit Berlin führt der Künstler zwei unterschiedliche Medien zusammen und lässt die Bildmotive miteinander in Interaktion treten. Die Malerei bildet eine im ersten Moment statisch erscheinende Erinnerung an eine familiäre Zusammenkunft. Ein Stop-Motion-Film wird auf die Leinwand projiziert und erweitert die Szene um den Aspekt der Bewegung. Die Malerei dient dabei nicht nur als Projektionsfläche. Vielmehr entsteht durch die Platzierung der Motive eine Begegnung der Menschen aus Vergangenheit und Gegenwart, aus Erinnerung und Wahrnehmung. Die Motive des Stop-Motion-Films nehmen die Positionen der Personen im Bild ein. Manche treten in Interaktion, begegnen sich, berühren sich. Andere wirken desinteressiert und passieren lediglich die Szene ohne jegliche Interaktion zuzulassen.
Die Betrachtung der Arbeit eröffnet eine weitere Ebene: Wie positionieren sich die Ausstellungsbesucher*innen in Bezug zum Bild? Bleiben sie stehen und observieren sie die Szenerie? Nehmen sie – vielleicht gedanklich – ebenfalls einen Platz im Bild ein? Werden persönliche Erinnerungen angeregt?
Sebastian Wenzgol (*1991 in Mönchengladbach) beendete 2017 sein Studium der Sonderpädagogik an der Universität zu Köln. Im Zuge seines Studiums rückte die Malerei als künstlerisch-praktischer Schwerpunkt in den Vordergrund. Zuletzt beschäftigte er sich mit der Untersuchung der Grenzen von Malerei und ihrer Auflösung in Verbindung mit weiteren Gattungen der Bildenden Kunst. In dieser medialen Vermischung greift er Gestaltungselemente u.a. aus digitalen Medien auf und integriert diese in großformatige Malereien.
Aktuell arbeitet er im Kollektiv Eintagsfliege als Künstler und Kurator an der Umsetzung verschiedener Ausstellungsprojekte in und um Köln.
Sebastian Wenzgole
BERLIN
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Tobias Huschka
SEA[SEE]
2017, Videoinstallation (iPhone, Beton), 15 x 22 x 20 cm, 2:02 min
Es gibt aufregende und atemberaubende Videoarbeiten. Jedes Bild ist genau auf das nächste abgestimmt, jeder Winkel ausgeleuchtet und jeder Schnitt sitzt. Aber was, wenn es gar keinen Winkel, keinen Schnitt und auch kein nächstes Bild gibt? Unsere Welt ist in erster Linie von monotoner Wiederholung, Alltag und Normalität bestimmt. Warum also sollte man genau dem Normalen nicht etwas mehr Aufmerksamkeit schenken? Diese Frage thematisiert Tobias Huschka in seiner Videoinstallation sea[see]. Er filmt das vermeintlich Offensichtliche, wählt den Ausschnitt jedoch so, dass die Betrachter*innen in die Irre geführt werden. Um welche Dimensionen handelt es sich? Und aus welcher Perspektive wird betrachtet? Das Video beantwortet diese Fragen nicht, sondern lässt die Betrachter*innen im Ungewissen. Die Unruhe, die eintritt, wenn nichts passiert, bleibt jedoch aus. Vielmehr wird eine meditative Stimmung erzeugt, die nicht zuletzt durch die kontrastierende Ton-Ebene unterstrichen wird. Aktiv – passiv – aktiv – passiv. Alles bleibt im Gleichgewicht. Nichts verändert sich und es fühlt sich gut an. Präsentationsmedium der Videoarbeit ist ein in unbehandelten Beton gegos- senes iPhone, womit der Ursprung des Werks konzeptionell wieder aufgegriffen wird: das iPhone als Aufnahmemedium.
Tobias Huschka (*1990) absolvierte nach dem Abitur 2010 zunächst eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger im Kunsthaus KAT 18, ein Ort, an dem Künstler*innen mit sogenannter geistigen Behinderung Kunst schaffen. Heute studiert er Kunst und Deutsch auf Lehramt an der Universität zu Köln. Der Ursprung und Fokus seines künstlerischen Schaffens liegen in der (analogen) Fotografie. Zunehmend gewinnen Videoarbeiten, konzeptuelle Plastiken und Installationen an Bedeutung, die nicht selten mehrere Medien verknüpfen oder multimedial referieren
Tobias Huschka
SEA[SEE]
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Vivien Grabowski
VERSIONS
2017, 3 Digitaldrucke, je 50 x 50 cm
Am Himmel einige zarte Wolkenstreifen, am unteren Bildrand karge, zuweilen unscharfe Erd- und Wasseroberflächen. Das Bildinventar der dreiteiligen Fotoserie versions ist ausgenommen spärlich. Auf den ersten Blick kommen die knappen Textzeilen mit ihren kleinen, schwarzen Lettern so unspektakulär daher, wie die zweidimensionalen Landschaftsausschnitte selbst. Und doch überlagern die Textzeilen mit ihren simplen und gleichzeitig irritierenden Aussagen unnachgiebig die gesamte Bildfläche. Restlos überzieht ihr Sinn das jeweilige Quadrat. Die dem Internet entnommenen, äußert viralen Zitatsammlungen und Kurzanleitungen zur Fotografie, nehmen direkten Bezug auf den Akt des Fotografierens von Landschaften, die im Bild jedoch nicht umgesetzt wurden. Weder sind ‚verschönernde‘ Pferde oder Spiegelungen im Wasser zu sehen, noch ist den Bildern ein auffallend dramatisches Moment zu eigen. Auch sonstigen formalen Konventionen der Landschaftsfotografie scheinen sie kaum zu entsprechen. Mit offenkundigen Widersprüchen zwischen Bild und Text zielt die Fotoserie auf die Frage nach der formalästhetischen Konventionalität von Landschaft und ihrer visuellen bzw. fotografischen Darstellung. Die in den Kulturwissenschaften weitgehend anerkannte These, Landschaftserfahrung sei eine historische Erfindung und bedürfe einer spezifischen, erlernten Sprache, wird ironisch auf die Bildmotive angewendet. Die simplifizierte, auf die Spitze getriebene ‚landschaftsfotografische Sprache‘ gewinnt hier ein unumgängliches Moment der Komik.
Vivien Grabowski, (*1993 in Koblenz) studiert seit 2012 Kunst, Kunstgeschichte, Philosophie, Germanistik und Bildungswissenschaften an der Universität zu Köln. Medial basieren ihre konzeptuellen Arbeiten meist auf Kombinationen visueller, nonverbaler Medien und Sprache bzw. Text.
Vivien Grabowski
VERSIONS
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz
Yumi Furuno
PERSONAL_SPACE
2017, Video, ca. 8:00 min und Fotografien, 40 x 60 cm, 60 x 90 cm
In Zeiten der sozialen Medien erscheint es immer einfacher, Kontakte zu knüpfen. Doch wie sieht es im echten Leben aus? Im Alltag halten wir oft einen gewissen Abstand zu Fremden. Wir bauen Wände um uns herum, distanzieren uns und versäumen damit die Chance auf eine neue Bekanntschaft. Inspiriert von Erwin Wurms One Minute Sculptures und der Performance Imponderabilia von Marina Abramović soll die Arbeit Personal_Space den gesellschaftlichen Konventionen in Bezug auf körperliche Nähe bzw. Distanz auf den Grund gehen, indem von der Norm abweichende Situationen gezeigt werden, die konstante Momente des Durchdringens darstellen. Der sogenannte Personal Space, welcher den Abstand zu anderen Personen definiert und als etwas Intimes wahrgenommen wird, ist in den Bildern und Videos nicht sichtbar, jedoch wird genau dadurch die Aufmerksamkeit auf dieses fehlende Element gelenkt. Mittels der schlichten Kleidung und dem sterilen Raum wird ein Setting inszeniert, das fast schon an Forschungsversuche erinnert. Die Nüchternheit der Arbeit wird unterstrichen und jegliche Komik vermieden. Dabei geht es um das Erzeugen eines Gefühls von ‘discomfort’ und ‘awkwardness’. Es werden Fragen wie ‘Warum empfinde ich das als seltsam?’, ‘Was genau stört mich daran?’ in den Raum geworfen, um die Rezipient*innen zum Nachdenken anzuregen und das eigene Verhalten im Hinblick auf den Personal Space zu reflektieren und zu hinterfragen.
Yumi Furuno (*1997 in Aachen) studiert seit 2016 Intermedia an der Universität zu Köln. Ihre künstlerisches Interessen gilt der zeitgenössischen Kunst und in der Fotografie. Inhaltlich beschäftigt sie sich mit der Verdeutlichung ihrer eigenen Sichtweisen auf alltägliche gesellschaftliche Prozesse und Konflikte. Im Rahmen der SUBLIMA17 befasst sie sich mit der wachsenden zwischen- menschlichen Entfremdung.
Yumi Furuno
PERSONAL_SPACE
2017
Ausstellungsansicht
Bild: Jakob Sponholz